Polyneuropathie —  wenn die Füße brennen

Polyneuropathie — wenn die Füße brennen

Aktuelle Daten zeigen: Die Zahl der Polyneuropathie-Neuerkrankungen ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Wer an Polyneuropathie erkrankt ist, hat mit einer Vielzahl von Beeinträchtigungen zu kämpfen. Therapeutische Hilfe ist allerdings schwer zu bekommen: Mit einer Maßnahme allein lässt sich die Nervenerkrankung meist kaum erfolgreich in den Griff bekommen. Deutlich besser sieht die Bilanz aus, wenn die Polyneuropathie mehrgleisig behandelt wird.

von Dr. Nicole Schaenzler

Es kribbelt, es zuckt, es sticht, es brennt – und oft tut es höllisch weh: zwischen den Zehen, in den Zehen, den Fußsohlen, im Mittelfußbereich, in der Ferse. Tatsächlich beginnt eine Polyneuropathie meist an den Füßen und zeigt sich vor allem durch Empfindungsstörungen. Besonders häufig sind Taubheitsgefühle und Missempfindungen, die sich z. B. als tausend kleine Stiche, »Ameisenlaufen« oder als plötzlich einschießende, elektrisierende Schmerzen äußern. Aber auch ein Fremdkörpergefühl etwa in den Fußsohlen oder ein Gefühl der Eingeschnürtheit (»Manschettengefühl«) sind möglich. Hinzu kommt eine Überempfindlichkeit gegenüber äußeren Reizen. Dann genügen oft schon geringe Berührungen, um eine Schmerzattacke hervorzurufen, ausgelöst z. B. durch die eigentlich bequemen Schuhe, die Strümpfe, das lauwarme Badewasser, die Bettdecke. Es kann aber auch sein, dass die Empfindungsfähigkeit eingeschränkt und das Warnsystem »Schmerz« weitgehend außer Kraft gesetzt sind. So können dem Betroffenen z. B. Druckstellen, Schwielen und Verletzungen an den Füßen verborgen bleiben, weil er die durch sie verursachten Beschwerden nicht mehr richtig spürt – ein Problem, das bei Diabetikern z. B. mitverantwortlich für die Entstehung des gefürchteten diabetischen Fußes ist. Eine weitere Symptomvariante sind motorische Beeinträchtigungen, die von einer Muskelschwäche bis hin zu Lähmungserscheinungen reichen.Es kribbelt, es zuckt, es sticht, es brennt – und oft tut es höllisch weh: zwischen den Zehen, in den Zehen, den Fußsohlen, im Mittelfußbereich, in der Ferse. Tatsächlich beginnt eine Polyneuropathie meist an den Füßen und zeigt sich vor allem durch Empfindungsstörungen. Besonders häufig sind Taubheitsgefühle und Missempfindungen, die sich z. B. als tausend kleine Stiche, »Ameisenlaufen« oder als plötzlich einschießende, elektrisierende Schmerzen äußern. Aber auch ein Fremdkörpergefühl etwa in den Fußsohlen oder ein Gefühl der Eingeschnürtheit (»Manschettengefühl«) sind möglich. Hinzu kommt eine Überempfindlichkeit gegenüber äußeren Reizen. Dann genügen oft schon geringe Berührungen, um eine Schmerzattacke hervorzurufen, ausgelöst z. B. durch die eigentlich bequemen Schuhe, die Strümpfe, das lauwarme Badewasser, die Bettdecke. Es kann aber auch sein, dass die Empfindungsfähigkeit eingeschränkt und das Warnsystem »Schmerz« weitgehend außer Kraft gesetzt sind. So können dem Betroffenen z. B. Druckstellen, Schwielen und Verletzungen an den Füßen verborgen bleiben, weil er die durch sie verursachten Beschwerden nicht mehr richtig spürt – ein Problem, das bei Diabetikern z. B. mitverantwortlich für die Entstehung des gefürchteten diabetischen Fußes ist. Eine weitere Symptomvariante sind motorische Beeinträchtigungen, die von einer Muskelschwäche bis hin zu Lähmungserscheinungen reichen.

Vielfältige Symptome sind möglich

Dass das Beschwerdebild so heterogen ist, liegt am Wesen der Krankheit selbst. Denn bei der Polyneuropathie handelt es sich um eine (entzündlich-)degenerative Erkrankung der peripheren Nerven, also der Nerven, die außerhalb von Gehirn und Rückenmark (zentrales Nervensystem) liegen. »Poly« bedeutet, dass mehr als ein peripherer Nerv betroffen ist. Ausgangspunkt ist eine Schädigung entweder des Fortsatzes der Nervenzelle (Axon) oder der Umhüllung des Nervs (Myelinscheide). Beides hat zur Folge, dass die Reizweiterleitung gestört ist, d. h. die Sig­nale werden nicht mehr fehlerfrei und schnell genug übertragen. Je nachdem, welche der peripheren Nerven – die motorischen, sensorischen oder autonomen Nerven – betroffen sind, gestaltet sich auch das Krankheitsbild. So entstehen Empfindungsstörungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl, wenn die sensorischen Nerven geschädigt sind, und ein Muskelschwund geht auf eine Funktionsstörung der motorischen Nerven zurück. Meist sind die längsten Nervenfasern, die die Zehen oder Finger versorgen, zuerst betroffen.

Restless-Leg-Syndrom – eine häufige Folgeerscheinung

Im Allgemeinen entstehen die Symptome symmetrisch und selten asymmetrisch mit Betonung auf einer Seite. Unabhängig davon, haben Polyneuropathie-Beschwerden die Tendenz, sich auszubreiten: Häufig findet man eine von Jahr zu Jahr aufsteigende Symptomatik von den Fußsohlen über Füße, Knöchel zu den Knien bis hin zu Fingern und Händen. Bei etwa jedem fünften Polyneuropathie-Patienten tritt im weiteren Verlauf zudem ein Restless-Leg-Syndrom auf: Vor allem in Phasen der Ruhe, etwa in den Abendstunden oder nachts im Bett während des Einschlafens, werden die Betroffenen von einem unkontrollierbaren und meist schmerzhaften Bewegungsdrang in den Beinen heimgesucht. Und auch dies ist eine häufige Folge der Polyneuropathie: Der Erkrankte verliert seine Gangsicherheit. Dann hat er besonders im Dunkeln oder auf unebenem Boden das Gefühl, »wie auf Watte« zu gehen und den Boden unter den Füßen nicht mehr richtig zu spüren. Mit der Gangunsicherheit geht auch das Empfinden für die eigene Schwere und die Sicherheit in der Koordination verloren. Oft werden Gehhilfen unvermeidlich – erst der Stock, dann der Rollator, schließlich der Rollstuhl.

Das Krankheitsbild wird oft nicht erkannt

Obwohl hierzulande Schätzungen zufolge jedes Jahr bis zu 10 000 Menschen neu daran erkranken und jeder dritte Diabetiker betroffen ist, gehört die Polyneuropathie nach wie vor zu den eher unbekannten Erkrankungen. Selbst Ärzte tun sich bisweilen schwer, die Nervenerkrankung zeitnah zu diagnostizieren. Ein Grund ist, dass eine Polyneuropathie meist Folge oder Symptom einer anderen Erkrankung ist. In den westlichen Industrienationen tritt eine Polyneuropathie besonders oft im Rahmen eines Diabetes oder einer Alkoholsucht auf. Aber auch entzündliche Krankheiten wie eine rheumatoide Arthritis oder eine Entzündung von Blutgefäßen (Vaskulitis), bestimmte Infektionskrankheiten, Toxine (z. B. Schwermetalle), ein Nierenschaden, ein ausgeprägter Vitaminmangel (vor allem ein Mangel an Vitamin B1, B6 und B12), verschiedene Krebserkrankungen, einige Wirkstoffe der Chemotherapie, mitunter auch ein Guillain-Barré-Syndrom können eine Polyneuropathie hervorrufen. Insgesamt sind der Wissenschaft inzwischen mehr als 200 verschiedene Ursachen für Polyneuropathien bekannt, darunter auch einige seltene erblich bedingte Formen. Es gibt aber auch Fälle, bei denen sich keine Ursache feststellen lässt – hiervon sind immerhin 20 bis 30 Prozent der Patienten betroffen.Nicht zuletzt von der Ursache hängt es ab, wie rasch die Nervenschädigung voranschreitet: Es sind galoppierende Verläufe möglich, die den Patienten innerhalb eines Jahres in den Rollstuhl bringen. Häufiger entwickelt sich eine Polyneuropathie jedoch schleichend über Jahre und Jahrzehnte vom ersten Auftreten der Symptome bis hin zu ernsthaften sensorischen und motorischen Beeinträchtigungen.

Frühzeitige Diagnose ist wichtig

Grundsätzlich gilt: Je früher eine Polyneuropathie erkannt und behandelt wird, desto günstiger ist die Prognose. Oft entwickelt sich die Nervenerkrankung jedoch schleichend über Monate und Jahre. Viele Betroffene schenken Symptomen wie Kribbeln oder eine Überempfindlichkeit an den Händen oder Füßen oft erst einmal kaum Beachtung. Erst bei stärken Beschwerden, etwa wenn Schmerzen dazukommen oder die Missempfindungen immer heftiger werden, suchen sie einen Arzt auf. Häufig ist die Polyneuropathie dann schon fortgeschritten und die Nervenschäden sind nicht mehr rückgängig zu machen. Umso wichtiger ist es, selbst vermeintlich harmlos erscheinende Beschwerden wie Kribbel- oder Taubheitsgefühle in den Extremitäten als Alarmsignale zu verstehen und sich nicht zu scheuen, sie ärztlich abklären zu lassen.

Behandlung der Ursache steht im Vordergrund

Was die Behandlung betrifft, so richtet sich die therapeutische Vorgehensweise im Wesentlichen nach der ursächlichen Erkrankung. So steht z. B. bei einer diabetesbedingten Polyneuropathie eine optimale Einstellung der Blutzuckerwerte im Vordergrund, um so einem Fortschreiten der Polyneuropathie entgegenzuwirken. Zudem kommen Medikamente zum Einsatz, mit der eine Schmerzlinderung bzw. bei entzündlichen Formen eine Hemmung der Entzündung angestrebt wird; begleitend werden oft Maßnahmen der physikalischen Therapie verordnet, so etwa Physiotherapie, Wechsel- und Bewegungsbäder oder auch schmerzlösende und beruhigende Wickel oder Auflagen. Die eine Therapie gibt es nicht Richtig ist jedoch auch, dass bei vielen Formen der Polyneuropathie konventionelle Behandlungsmethoden allein nicht ausreichen, um eine nachhaltige Linderung der Beschwerden zu erreichen. In diesem Fall macht es Sinn, komplementärmedizinische Maßnahmen als Begleittherapie zu versuchen. So legen z. B. verschiedene Studien nahe, dass mit der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) gute Erfolge erzielt werden können: Der Patient trägt ein kleines elektrisches Gerät, das über eine Elektrode mit der schmerzhaften Hautregion verbunden ist. Bei Bedarf werden elektrische Impulse abgegeben, welche die Hautnerven reizen. Ein Grund für die Wirkung der TENS-Methode könnte sein, dass durch die Impulse bestimmte körpereigene Botenstoffe, die Endorphine, freigesetzt werden, die u. a. einen schmerzmildernden Effekt haben. Aber auch Akupunktur, eine moderate Bewegungstherapie, eine Umstellung der Ernährung und andere Maßnahmen der Ordnungstherapie haben sich als hilfreiche Begleitmaßnahmen bewährt. Ein solches multimodales Therapiekonzept, das individuell auf den Betroffenen und seine Beschwerden abgestimmt ist, sollte am besten in einer spezialisierten Einrichtung festgelegt und umgesetzt werden.

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