Das hilft gegen die Schmerzen
Manchmal werden Kalkablagerungen in der Schulter als Zufallsbefund entdeckt, häufiger verursachen sie jedoch urplötzlich höllische Schmerzen, sodass man nachts nicht mehr schlafen kann. »Leider ist eine Kalkschulter gar nicht so selten. Doch lassen sich die Schmerzen in vielen Fällen nachhaltig lindern«, erklärt der Münchner Orthopäde Dr. Heribert Konvalin vom MVZ im Helios.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Was man tun kann, um sich (besser) zu schützen und welche Therapiemöglichkeiten den Orthopäden im Ernstfall zur Verfügung stehen, darüber sprach TOPFIT mit den Münchner Orthopäden Dr. Werner Zirngibl und Dr. Felix Söller vom MVZ im Helios.
Dr. Konvalin: Bei einer Kalkschulter haben sich Kalkablagerungen in den Schultersehnen, meist am Ansatz der zwischen Schulterdach und Kopf des Oberarmknochens verlaufenden Supraspinatussehne, gebildet. Die Ursache ist unklar, als Auslöser werden Mikroverletzungen oder ein Engpass im Schulterdach im Übergangsbereich zwischen Muskulatur und Sehnenansatz diskutiert. Ernährungsgewohnheiten oder auch altersbedingte Veränderungen, wie sie für so viele andere Erkrankungen des Bewegungsapparats ursächlich verantwortlich sind, scheinen dagegen keine Rolle zu spielen. Der eigentlichen Entstehung der Kalkdepots geht vermutlich eine Minderdurchblutung und damit eine verminderte Sauerstoffversorgung der betroffenen Sehnenbereiche voraus. Dies führt dazu, dass in den Sehnen gelegene Knorpelzellen verknöchern. Dieser Prozess kann sich über Monate und Jahre entwickeln.
Wie äußert sich eine Kalkschulter?
Dr. Konvalin: Es kann sein, dass die Kalkablagerungen erst einmal gar keine Beschwerden verursachen. Problematisch wird es, wenn sie eine Größe erreicht haben, durch die es unter dem Schulterdach buchstäblich zu eng geworden ist, vor allem für die Supraspinatussehne, die schon von Natur aus wenig Platz zwischen Oberarmkopf und Schulterdach hat. Die permanente Reizung ruft nun eine schmerzhafte Entzündung hervor, von der oft auch die Schulterdachschleimbeutel erfasst werden. Selbst wenn es sich um kleinere Kalkkristalle handelt, kann es zu Komplikationen kommen, denn ein Kalkdepot neigt über kurz oder lang dazu aufzuplatzen. Auch in diesem Fall ist die Folge eine heftige Entzündungsreaktion der umgebenden Strukturen, die meist mit starken Schmerzen verbunden ist. Der Betroffene spürt dies, indem z. B. Alltagsbewegungen, bei denen der Arm über Schulterhöhe gehoben werden muss, plötzlich nur noch eingeschränkt und unter starken Schmerzen möglich ist. Manchmal kommt es sogar vor, dass der Arm überhaupt nicht mehr bewegt werden kann, dann liegt eine Pseudolähmung vor.
Wie wird eine Kalkschulter diagnostiziert?
Dr. Konvalin: Da das Krankheitsbild ziemlich unberechenbar ist und zudem auch andere Ursachen haben kann, ist für eine angemessene Therapiestrategie in der Tat eine genaue Diagnose sehr wichtig. Vor allem müssen wir wissen, wo genau sich der Kalk angesammelt hat, welche Konsistenz er hat und um wie viele Kalkdepots es sich überhaupt handelt. Hier können neben der klinischen Untersuchung bildgebende Verfahren wie eine Röntgen- oder Ultraschalluntersuchung Aufschluss geben; mit dem MRT lässt sich feststellen, ob auch Sehne und Schleimbeutel in Mitleidenschaft gezogen sind.
Zieht eine Kalkschulter zwangsläufig eine Operation nach sich?
Dr. Konvalin: Nein, im Vordergrund der Behandlung stehen zunächst konservative Maßnahmen zur Linderung der Schmerzen wie entzündungshemmende Medikamente und cold packs zur regelmäßigen Kühlung der betroffenen Region. Krankengymnastik hilft dagegen allenfalls dann, wenn die Schulter einzusteifen droht. Mitunter bieten sich auch Injektionen mit Kortison an. Allerdings sollten es keinesfalls mehr als drei Behandlungen sein, da ansonsten die Gefahr besteht, dass die Sehne geschädigt wird. Sehr gute Erfahrungen haben wir auch mit der Stoßwellentherapie gemacht, mit der die Kalkdepots mittels Druckwellen zerkleinert werden. Den Rest erledigt der Körper, da er nun in der Lage ist, die winzigen Kalktrümmer selbst abzutransportieren. Ein weiterer positiver Effekt der Stoßwellentherapie ist ihre anregende Wirkung auf die Durchblutung in der behandelten Region, wodurch auch die Regeneration des angegriffenen Sehnengewebes gefördert wird. Erst wenn die Schmerzen trotz aller Bemühungen wieder auftreten, ist zu empfehlen, die Kalkdepots im Rahmen einer Arthroskopie operativ zu entfernen. Gegebenenfalls kann eine krankhafte Verengung des Schulterdachs dann gleich mit behoben werden. Der Eingriff ist für die Betroffenen aber nur wenig belastend und die Phase der Rekonvaleszenz kurz.
Zur Person:
Dr. med. Heribert Konvalin ist Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie, Sportmedizin und Physikalische Medizin und praktiziert im MVZ im Helios. Zu seinen Leistungsschwerpunkten gehören neben der (arthroskopischen) Behandlung von Schultererkrankungen u. a. auch Knie-, Ellbogen- und Sprunggelenkarthroskopie, arthroskopische Kreuzbandoperationen, Fußchirurgie, regenerative Knorpeltherapie zur Behandlung von Arthrose sowie interventionelle Schmerztherapie einschließlich minimal-invasiver Wirbelsäulenoperationen.
Nähere Infos: www.mvz-im-helios.de
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