Austherapierte Sprunggelenksarthrose
Peter Moosherr kann sich wieder freuen – nach monatelangen Krankenhausaufenthalten und der Aussicht, sich nur noch im Rollstuhl fortbewegen zu können. Das »Wunder«, wie er seine wiedergewonnene Mobilität selbst nennt, verdankt er einer individuell gefertigten Zweischalen-Orthese, die seinen geschädigten Fuß bei seinen täglichen Spaziergängen optimal schützt und stabilisiert.
Von Dr. Nicole Schaenzler
»Gut, dass es Euch gibt!«
Wenn jeder Schritt zur Qual wird, weil das Sprunggelenk durch eine Arthrose so stark in Mitleidenschaft gezogen ist, dass mit konservativen Therapiemaßnahmen keine nachhaltige Besserung mehr erreicht werden kann, raten die Ärzte oft zu einer operativen Versteifung des Sprunggelenks, einer Arthrodese. Auf diese Weise sollen die Patienten wieder schmerzfrei und das Sprunggelenk wieder belastbarer werden. Hierfür werden die Knochen des Sprunggelenks zunächst neu positioniert und mit speziellen Implantaten fixiert. Diese Schrauben, Nägel oder Platten sorgen dann dafür, dass das Gelenk stabil bleibt, sodass die Knochen, wie nach einem Knochenbruch, miteinander verwachsen – und versteifen.
Auch bei Peter Moosherr schien eine Versteifungsoperation die beste Therapieoption zu sein: Die Schädigung seines rechten oberen Sprunggelenks war so weit fortgeschritten, dass sich die Schmerzen inzwischen auch im Ruhezustand bemerkbar machten. Der OP-Termin wurde auf den 21. März 2019 festgelegt; die Ärzte rechneten mit einem Klinikaufenthalt von allerhöchstens zehn Tagen.
Es kam anders. Letztlich musste Peter Moosherr zehn Operationen über sich ergehen lassen. Und von Eingriff zu Eingriff verschlechterten sich die Knochenverhältnisse. Dem 74-Jährigen blieb praktisch keine Komplikation erspart: Die Implantate hielten nicht, die Knochen wuchsen nicht mehr richtig zusammen, es bildeten sich Falschgelenke (Pseudarthrose). Hinzu kamen eine Materialunverträglichkeit und eine bakterielle Infektion, die eine schwere Entzündung zur Folge hatte. »Sicherlich wirkten sich auch die Vorerkrankungen meines Vaters ungünstig aus, allen voran der Diabetes«, erklärt seine Tochter. Am Ende wurde Peter Moosherr mit den Worten entlassen, dass sein Fuß nicht mehr therapierbar sei und praktisch nur mehr eine Amputation infrage komme – nach fast neun Monaten Klinikaufenthalt.
Die Moosherrs leben am Bodensee, mitten im herrlichen Obstanbaugebiet der Region. Der tägliche Spaziergang entlang der Apfelplantagen hatte bis zum Klinikaufenthalt zu Peter Moosherrs Alltag gehört. Nun nicht mehr raus in die Natur und an die frische Luft gehen zu können, war für ihn eigentlich nicht vorstellbar: »Das hat mich schon sehr bedrückt«, bekennt er.
Odyssee mit Happy End
Das Blatt wendete sich, als sich Peter Moosherr an den Fuß- und Sprunggelenkschirurg Prof. Mehlhorn in der Schön Klinik in München-Harlaching wandte. Zwar hielt auch der renommierte Spezialist einen erneuten operativen Eingriff für wenig erfolgversprechend. Doch riet er seinem Patienten, sich an die Orthopädietechnikermeister des Orthoforums Orthopädie zu wenden. »Prof. Mehlhorns Idee war, dass ich mir dort eine Orthese anfertigen lasse, damit ich den Rollstuhl zumindest im Haus ab und zu verlassen konnte«, erinnert sich Peter Moosherr.
Hierfür musste die Orthese hohen Anforderungen gerecht werden, etwa, dass sie für eine möglichst vollständige Entlastung und Stabilisierung des Fußes sorgt, sie eine präzise Passform und einen festen Sitz hat, gleichzeitig jedoch mithilfe einer Schnalle flexibel genug ist, um Fuß und Unterschenkel, z. B. bei Schwellungen, nicht abzuschnüren. Und natürlich sollte sie über einen hohen Tragekomfort verfügen und leicht an- und auszuziehen sein – alles Kriterien, die sich am besten mit einer individuell maßgefertigten Zweischalen-Orthese erfüllen lassen.
Mobil dank Zweischalen-Orthese
Inzwischen trägt Peter Moosherr seine Orthese über ein Jahr – und dies fast durchgehend von morgens bis abends. Was als Minimallösung gedacht war, entpuppte sich schnell als die entscheidende Therapiemaßnahme: »Der Schuh, der von Anfang an hervorragend gepasst hat, hat mir ein großes Stück Lebensqualität zurückgegeben. Niemand hat es für möglich gehalten, dass mir die Zweischalen-Orthese erlauben würde, wieder fast so mobil zu sein wie vorher. Inzwischen lege ich wieder jeden Tag vier bis fünf Kilometer Wegstrecke zurück – ohne Schmerzen zu haben«, erklärt Herr Moosherr.
Mittlerweile ist keine Rede mehr davon, dass der Fuß abgenommen werden muss. Auch die hartnäckigen Schwellungen sind verschwunden; die Zweischalen-Orthese wurde von Herrn Scherzl an die Verschlankung des Fußes mühelos angepasst, ohne dass ein neues Modell notwendig geworden wäre. »Da kann ich nur sagen: Gut, dass es Euch gibt!«, freut sich Herr Moosherr.
Als Spezialist für die orthopädietechnische Versorgung von Patienten mit schweren Fußschäden fertigen Sie bei Orthoforum Orthopädietechnik u.a. Zweischalen-Orthesen an. Wann kommt das Modell zum Einsatz?
Josef Ingerl: Oft wird eine Zweischalen-Orthese als Übergangslösung zwischen der Erstbehandlung und der endgültigen Versorgung mit einem orthopädischen Maßschuh eingesetzt, etwa wenn ein akuter Charcot-Fuß ausheilen muss. Diese Sonderform des diabetischen Fußes kann eine Amputation zur Folge haben, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. Hier kann eine Zweischalen-Orthese wertvolle therapeutische Dienste leisten. Aber auch schwere Wundheilungsstörungen oder fehlgeschlagene Arthrodeseversuche, z. B. des Sprunggelenks, können Indikationen sein. Dabei fließt in jede Fertigung unserer Zweischalen-Orthesen unsere jahrelange Erfahrung mit ein, die wir speziell mit diesen herausfordernden Krankheitsbildern gesammelt haben. Und wir entwickeln unsere Modelle stetig weiter.
Was ist das Besondere an einer Zweischalen-Orthese?
Franz Scherzl: Eine Zweischalen-Orthese wird immer nach Maß angefertigt – d. h. jedes Modell ist ein Unikat. Die Orthese besteht aus zwei sich überlappenden Schalen, die zusammengesetzt Fuß und Unterschenkel umschließen. Dadurch wird das Körpergewicht überwiegend vom Unterschenkel und nicht vom Fuß getragen, sodass dieser nahezu vollständig vor Belastung geschützt ist. Zusammengehalten werden sie von Schnallen, die leicht zu bedienen sind und der Orthese erlauben, sich bis zu einem gewissen Grad an sich ändernde Verhältnisse anzupassen, etwa wenn postoperative Schwellungen allmählich abklingen …
Josef Ingerl: … Generell sind unsere Modelle so konzipiert, dass sie eine gute Passform haben und sehr leicht, aber trotzdem stabil und robust sind. Diese Eigenschaften – die zugleich für einen hohen Tragekomfort sorgen – sind eine wichtige Voraussetzung für die Mobilität: Je weniger der Patient seine Zweischalen-Orthese spürt, desto aktiver ist er – und desto besser lässt sich einem Muskelabbau vorbeugen. Die Sohle ist aus rutschhemmendem Material und sehr strapazierfähig.
Und wie sieht die Zweischalen-Orthese von innen aus?
Josef Ingerl: Innen ist die Zweischalen-Orthese mit herausnehmbaren, angenehm zu tragenden Polstermaterialien ausgestattet, die dank ihrer Miniaturlöcher für eine gute Luftzirkulation sorgen. Ganz wichtig ist die Fußbettung: Um eine optimale Druckentlastung zu gewährleisteten muss auch sie genau passen, weshalb sie ebenfalls individuell gefertigt wird. Im Übrigen lassen sich alle Materialen gut reinigen und desinfizieren, das ist vor allem bei offenen Wunden ein ganz entscheidender Aspekt. Und: Fast alle Komponenten – von der Schnalle bis hin zum Polstermantel oder zur Bettung – können bei Bedarf angepasst werden.
Welche weiteren Schritte gehören zum Entstehungsprozess?
Franz Scherzl: Wichtig ist auch eine sehr gute Vorbereitung. Denn zunächst gilt es, von Unterschenkel und Fuß einen Gipsabdruck zu machen. Hier ist ebenfalls große Sorgfalt und Erfahrung gefragt, denn der Gipsabdruck bildet die Arbeitsgrundlage für die Fertigung der Zweischalen-Orthese.
Die beiden Experten für die individuelle Maßanfertigung von Zweischalen-Orthesen: Franz Scherzl (li.) vom Orthoforum Orthopädietechnik in München-Perlach und Josef Ingerl (re.), Geschäftsführer von Schuh- & Fuß-Forum mit Filialen in München, Poing, Ismaning, Forstern und Ebersberg.