Saisonal bedingtes Stimmungstief
Wenn die Tage kürzer und dunkler werden, werden manche Menschen plötzlich von depressiven Symptomen heimgesucht: Sie sind niedergeschlagen und antriebslos, sie fühlen sich ständig müde und haben Heißhunger auf Süßes. SAD oder auch Winterdepression nennen die Ärzte das Leiden, das Jahr für Jahr in den Herbstmonaten beginnt — um dann im Frühling wieder von selbst zu verschwinden.
Von Dr. Nina Schreiber
Das Phänomen Winterdepression ist erst seit 1980 bekannt, doch inzwischen gilt die Saisonal Abhängige Depression (Seasonal Affective Disorder), kurz SAD, als eigenständige Erkrankung. Ihr Leitsymptom: Die Beschwerden treten ausschließlich im Herbst und Winter auf – wohingegen sie in den lichtreicheren, wärmeren Jahreszeiten wieder vergehen.
Zwar ist die Winterdepression insgesamt seltener als andere Depressionsformen, doch dürfte die Zahl der Betroffenen in Europa bei etwa drei Prozent liegen. Dabei kommt SAD in den südlicheren Ländern deutlich seltener vor als in den nördlicheren Breiten.
Wenig Licht, viel Melatonin
Ursache für die Winterdepression ist Lichtmangel. Abgesehen davon, dass das Licht als Taktgeber für viele Prozesse maßgebend ist, die im Körper als Zyklen (z. B. Wach- und Schlafphasen) ablaufen, hat Licht auch einen direkten Einfluss auf die Melatonin- und Serotoninproduktion. So wird vom Organismus während der dunkleren Jahreszeit einerseits vermehrt das schlaffördernde Hormon Melatonin gebildet und andererseits die Herstellung des stimmungsaufhellenden Nervenbotenstoffs Serotonin gedrosselt. Die Folge der gesteigerten Melatoninproduktion ist, dass der Organismus auch tagsüber auf »Sparflamme« umschaltet und sich auf die vermeintliche »Nachtruhe« einstellt. Die meisten Menschen haben daher im Herbst und Winter generell ein größeres Schlafbedürfnis und fühlen sich weniger fit als im Sommer; der Serotoninmangel tut ein Übriges, sodass sich zum körperlichen Energieverlust häufig auch eine niedergedrückte Stimmung und ein Gefühl der inneren Leere oder Traurigkeit einstellen.
Wissenschaftler sehen im natürlichen Schongang des Körpers eine Annäherung an den Winterschlaf, der im Rahmen der physiologischen Veränderung denn auch als durchaus normal eingestuft wird. Sind die Beschwerden jedoch so stark ausgeprägt, dass sie Auswirkungen auf das berufliche und soziale Leben haben, sollten Maßnahmen zur Linderung getroffen werden.
Je heller, desto besser
Als Therapie gegen den Winterblues hat sich vor allem eines bewährt: Licht. Der Psychiater Alfred Lewy entdeckte 1985, dass helles, künstliches Licht die Melatoninfreisetzung hemmt und die Aktivität der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin steigert. Das helle Licht bringt bei richtiger Anwendung die innere Uhr wieder in ihren Takt und sorgt gleichzeitig dafür, dass Serotonin wieder in höherer Konzentration vorliegt. Deshalb wirkt Licht auch bei Gesunden leistungssteigernd und erhöht generell das Wohlbefinden.
Für die Lichttherapie ist das vom menschlichen Auge wahrnehmbare Licht mit einer Wellenlänge von ca. 400 bis 780 Nanometer am besten geeignet. Solche Lampen sind mit speziellen Leuchtstoffröhren ausgestattet und im medizinischen Fachhandel, z. B. als Lichtduschen oder als Lichtschirme für den Tisch, zur Montage an die Wand oder als Bodenstative für die Heimanwendung, erhältlich.
Idealerweise ist die Leuchte 10 000 Lux stark. Aber auch 2500 Lux (jedoch nicht weniger) genügen bereits, damit das Licht seine physiologische Wirkung entfalten kann. Zum Vergleich: Gewöhnlich bietet die Innenbeleuchtung lediglich etwa 300 bis 800 Lux. Das Licht trifft auf die Rezeptoren in der Netzhaut, die dann die Ausschüttung jener Botenstoffe und Hormone anregen, die praktisch sofort für eine verbesserte Stimmungslage sorgen.
UV-freies Tageslicht
Da die Lichttherapie für SAD vorwiegend über das Auge aufgenommen wird, darf kein augenschädigendes ultraviolettes Licht in dem Spektrum enthalten sein. Deshalb verfügen alle modernden Lichttherapiegeräte über spezielle Filterscheiben, die eventuell vorhandene UV-Restanteile aus dem Vollspektrum komplett herausfiltern. Dennoch sollten die Augen während der Bestrahlung grundsätzlich 60 bis 80 Zentimeter (je nach Herstellerangaben) von der UV-Schutzscheibe entfernt sein.
Zur Selbstbehandlung geeignet
Ist die Diagnose »Winterdepression« eindeutig, spricht nichts dagegen, die Lichttherapie zu Hause durchzuführen – zumal es sich um ein einfach zu handhabendes Verfahren handelt, das in der Regel gut verträglich ist. Gelegentliche Beschwerden wie Augenreizungen, Kopfschmerzen und Hautrötungen klingen meist wenige Stunden nach der Bestrahlung wieder ab. Allerdings ist es ratsam, vor Beginn der Lichttherapie eine augenärztliche Untersuchung durchzuführen. Als Richtwert für die Anwendung gilt: Je nach Lichtintensität sollte eine Bestrahlung mindestens 30 Minuten (10 000 Lux) bis 120 Minuten (2500 Lux) pro Tag dauern. Dabei genügt es, während der Bestrahlung etwa jede Minute für etwa fünf Sekunden direkt in die Lampe zu schauen, ein permanentes »auf das Licht starren« ist dagegen nicht nötig.
Am besten ist die morgendliche Anwendung (zwischen sieben und zehn Uhr), um der »inneren Uhr« mitzuteilen, dass der Tag begonnen hat und man wieder mit Elan und guter Laune die anstehenden Aufgaben bewältigen möchte. In der Mehrzahl der Fälle tritt bereits nach wenigen Tagen eine deutliche Besserung ein, meist verschwinden die Symptome nach zwei bis vier Wochen sogar vollständig.
Der positive Effekt des Lichts kann übrigens gesteigert werden, indem man sich ein »Frühlingszimmer« einrichtet: helle, leuchtende, sommerliche Farben, frische blühende Blumen und / oder eine Aromalampe, die leichte anregende Düfte abgibt (z. B. Limone, Rose, Citrus oder Maiglöckchen).
Zusätzlich sollten sich die Betroffenen viel im Freien aufhalten, am besten täglich für mindestens 30 Minuten. Denn selbst bei bewölktem Himmel nimmt das natürliche Licht Einfluss auf die körpereigene Melatoninproduktion und lindert damit die Winterdepression. Und: Durch die regelmäßige Bewegung steigt auch der Serotoninspiegel – und die Stimmung hellt sich auf.
Mitunter kommt es vor, dass eine »Stimmungserholung« ausbleibt, sodass sich die Betroffenen auch in den Frühlingsmonaten niedergeschlagen und antriebslos fühlen. Dann liegt es nahe, dass sich hinter der vermeintlichen Winterdepression eine andere depressive Störung verbirgt. In diesem Fall sollte man sich unbedingt an einen qualifizierten Ärztlichen oder Psychologischen Psychotherapeuten wenden. Durch eine angemessene Therapie können rund 80 Prozent der Depressionen geheilt werden. Gegebenenfalls ist auch eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva notwendig – dies kann jedoch nur der Arzt entscheiden.
Saisonale Stimmungsschwankungen
Die Symptome von SAD-Patienten sind immer saisonal bedingt – dies ist zugleich das wichtigste Kriterium, wodurch sich eine Winterdepression von anderen depressiven Störungen unterscheidet.
- Am günstigsten ist die Stimmung im Mai, Juni, Juli und August.
- Ab (Ende) September verspüren Betroffene eine deutliche Veränderung ihrer Stimmung, die sich dann zunehmend verschlechtert. Viele Betroffene empfinden den Januar als Höhepunkt ihrer Winterdepression.
- Ab Februar kommt es bei den meisten der »Winterdepressiven« zu einer »Stimmungserholung«: Das psychische und physische Wohlbefinden verbessert sich nun kontinuierlich – bis dann ab Mai wieder alles »im Lot« sein sollte.
Wir haben für Sie getestet
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